Heute möchte ich einmal auf eine Problematik hinweisen, die in meiner Praxis immer wieder für erhebliche Probleme sorgt, vor allem beim Erwerb einer Immobilie durch ein ausländisches Ehepaar.
Diese Problematik hat mit dem Güterrecht zu tun, also den Rechtsnormen, die in Ehen und sonstigen staatlich registrierten Lebensgemeinschaften die Frage regeln, ob Vermögensgegenstände den Ehe- bzw. Lebenspartnern einzeln oder gemeinsam gehören und ob und wie im Falle einer Trennung das gemeinsame Vermögen sowie erzielte Zuwächse zu verteilen sind. Üblicherweise gibt es in jeder Rechtsordnung ein gesetzliches Grundmodell, den sogenannten „gesetzlichen Güterstand“, der immer zur Anwendung kommt, wenn die Eheleute keine spezielle Bestimmung getroffen haben, sowie hiervon abweichende „Wahlgüterstände“, für die sich Ehepartner einvernehmlich entscheiden können.
Auf den ersten Blick ist nicht ersichtlich, warum es hier zu einem Problem kommen kann. Was hat den der Güterstand mit dem Kauf eines Hauses oder Grundstücks zu tun?
Nun, das Problem liegt darin, dass die einzelnen Länder die Materie eben keineswegs identisch regeln. Dies ist jedoch vielen Käufern und sonstigen Beteiligten nicht immer bewusst. Hinzu kommt die sprachliche Barriere, die leicht zu Missverständnissen und Übersetzungsfehlern führen kann.
So ist in Portugal der gesetzliche Güterstand die „comunhão de adquiridos“, auf Deutsch „Errungenschaftsgemeinschaft“. Unter diesem Güterstand haben beide Eheleute ihr jeweiliges individuelles Vermögen, das im Wesentlichen aus dem besteht, was ihnen schon vor dem Eheschluss gehörte. Darüber hinaus gibt es jedoch noch eine gemeinschaftliche Vermögensmasse der beiden Ehegatten, die sogenannte „comunhão“, ein Vermögen, dass den Eheleuten gemeinsam zur gesamten Hand zusteht. Dieses besteht aus dem Ergebnis der Arbeit der Ehegatten, sowie allen Gütern, die von den Ehegatten während der Ehe erworben werden (mit einigen wenigen Ausnahmen). Diese Vermögensmasse (einschließlich der Verbindlichkeiten) gehört den Ehegatten gemeinsam zu gleichen Teilen, abweichende Vereinbarungen sind nichtig.
Das deutsche Grundmodell dagegen ist die „Zugewinngemeinschaft“. Bei ihr entsteht, trotz ihres Namens, vermögensrechtlich gesehen keinerlei gemeinschaftliches Vermögen (Gesamtgut). Vielmehr ist die „Zugewinngemeinschaft“ vermögensrechtlich gesehen eine Gütertrennung, denn die Vermögensmassen der beiden Ehegatten bleiben getrennt, unabhängig davon, ob Vermögen schon in die Ehe eingebracht wurde oder erst nach der Heirat erlangt. Nur im Fall der Beendigung der Ehe durch Tod oder Scheidung findet ein (rein schuldrechtlicher) „Ausgleich“ Veränderung der beiden Vermögensmassen statt.
Welches Güterrecht nun auf den Erwerb zur Anwendung kommt, ist eine Frage des internationalen Privatrechts. Hierbei handelt es sich nicht etwa um „internationales“ Recht im Sinne von zwischenstaatlichen Vorschriften. Vielmehr geht es um die nationalen oder europarechtlichen Normen, die bei Situationen mit internationalem Bezug bestimmen, welches Recht welchen Staates den Sachverhalt regeln soll. Bei den meisten deutschen Ehepaaren werden diese Vorschriften des internationalen Privatrechts auf das deutsche Recht verweisen. Dies bedeutet dann, dass der Kauf war gemäß portugiesischem Recht erfolgt, die vermögensrechtlichen Wirkungen sich jedoch aus dem deutschen Güterrecht ergeben.
Leider ermitteln viele Notare bei der Beurkundung des Rechtsgeschäfts nicht, auf welche Rechtsordnung das internationale Privatrecht verweist, und begnügen sich mit der bloßen Auskunft durch die Käufer. Wenn dann noch ein juristisch nicht geschulter Übersetzer im Spiel ist, ist das Malheur schnell passiert: Die deutsche Zugewinngemeinschaft wird häufig fälschlicherweise mit „comunhão de adquiridos“ übersetzt.
Die Konsequenz ist dann, dass der Notar das Rechtsgeschäft so abwickelt, als ob das deutsche Ehepaar tatsächlich im Güterstand der „comunhão de adquiridos“ verheiratet wäre.
Dies jedoch kann massive Konsequenzen haben: Ein portugiesisches Ehepaar, das gemeinsam erwerben will, muss keineswegs gemeinsam den Erwerb durchführen. Es genügt, wenn einer der Ehepartner etwas erwirbt, es wird dann kraft Gesetz Bestandteil der „comunhão“, und der andere Ehegatte wird automatisch ebenfalls Gesamthandseigentümer des erworbenen Gutes. Ob nur ein Ehegatte den Erwerb durchführt, oder beide gemeinsam, das Ergebnis bleibt sich gleich, der Gegenstand gehört zum Gesamtgut und daher beiden gemeinsam. Tatsächlich ist es aufgrund dieser Tatsache eher unüblich, dass portugiesische Ehepaare zum Kauf einer Immobilie gemeinsam den Willen zum Erwerb erklären, im Regelfall wird dieser Wille nur von einem der beiden kundgetan.
Erklärt jedoch ein in der deutschen Zugewinngemeinschaft verheirateter Ehepartner allein seinen Willen zum Kauf, tritt diese Wirkung nicht ein, selbst wenn fälschlich angenommen wird, es gelte der Güterstand der „comunhão de adquiridos“. Es gibt kein Gesamtgut, zu dessen Gunsten der Erwerb stattfinden könnte, der Vermögensgegenstand wird alleiniges Eigentum des erklärenden Ehepartners. Der andere Ehepartner erwirbt nichts, selbst, wenn er den Kaufpreis mitgetragen hat.
Zwar wird dann der andere Ehepartner auch unter Angabe des falschen Güterstandes ins Grundbuch eingetragen, aber dies bewirkt keinen Eigentumserwerb. Der Grundbucheintrag ist in Portugal rein deklarativ. Er erzeugt daher nicht mehr als den falschen Rechtsschein des Eigentums.
Das Ehepaar ist sich des eingetretenen Fehlers hierbei natürlich nicht bewusst. Es lebt über viele Jahre oder gar Jahrzehnte in dem festen Glauben, beide wären zu gleichen Teilen Eigentümer. Stirbt dann einer von beiden, und der Fehler wird schließlich erkannt, ist es zu spät, er kann nicht mehr korrigiert werden. Die Folgen können gravierend sein, etwa, wenn Kinder aus einer vorherigen Beziehung existieren, die auf diese Weise um ihr Erbe gebracht werden.